Erbscheinsverfahren

Was ist ein Erbschein?

Ein Erbschein ist ein amtliches Dokument, das vom Nachlassgericht ausgestellt wird. Es bestätigt, wer die Erben einer verstorbenen Person (des Erblassers) sind und welchen Anteil am Nachlass sie erhalten. Der Erbschein dient als Nachweis der Erbberechtigung gegenüber Banken, Versicherungen und anderen Institutionen. Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich in den §§ 2353 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Wann wird ein Erbschein benötigt?

Ein Erbschein ist erforderlich, wenn keine anderen Dokumente (wie ein notarielles Testament oder ein Erbvertrag) vorliegen, die die Erbfolge eindeutig regeln. Er wird oft benötigt, um auf Bankkonten des Verstorbenen zuzugreifen, Grundbucheinträge zu ändern oder bei Erbauseinandersetzungen.

Alternativen zum Erbschein

Einen Erbschein kann man umgehen, wenn man in Bezug auf Bankenvermögen mit über den Tod hinaus (postmortal) geltenden Vollmachten arbeitet, die aber bestimmten Voraussetzungen genügen müssen, oder ein notarielles Testament oder einen notariellen Erbvertrag erstellen lässt. Das kostet zwar bei der Erstellung deutlich mehr als ein handschriftliches Testament, spart aber bei der Abwicklung des Nachlasses meist viele Monate Zeit und erhebliche Summen Geld.

Vor diesem Hintergrund arbeiten wir mit vielen Notaren zusammen, mit denen wir gemeinsam Testamente nach dem Willen der Mandanten entwickeln, die wir im Hinblick auf Streitminimierung und Steuergestaltung optimieren und die dann später vom Notar beurkundet werden.

Das Erbscheinsverfahren – Schritt für Schritt

  • Antragstellung: Der Erbschein kann beim zuständigen Nachlassgericht oder bei einem Notar der Wahl beantragt werden. Zuständig ist das Amtsgericht am letzten Wohnsitz des Verstorbenen (§ 2353 BGB).
  • Notwendige Unterlagen: Zum Antrag sind bestimmte Unterlagen erforderlich, darunter:
  • Sterbeurkunde des Erblassers (§ 2354 Abs. 1 BGB)
    • Familienstammbuch oder andere Nachweise zur Verwandtschaft (§ 2354 Abs. 2 BGB)
    • Testamente oder Erbverträge, falls vorhanden (§ 2354 Abs. 3 BGB)
    • Personalausweise der Erben
    • Eidesstattliche Versicherung: Die Antragsteller müssen in der Regel eine eidesstattliche Versicherung abgeben, dass die gemachten Angaben wahr und vollständig sind. Dies kann beim Nachlassgericht oder vor einem Notar erfolgen (§ 2356 BGB).
  • Prüfung durch das Nachlassgericht: Das Nachlassgericht prüft die vorgelegten Unterlagen und die Erbfolge. Gegebenenfalls werden weitere Ermittlungen angestellt, um die Erbberechtigung zu klären (§ 2357 BGB).
  • Erteilung des Erbscheins: Nach Abschluss der Prüfung stellt das Nachlassgericht den Erbschein aus. Die Bearbeitungszeit kann variieren, abhängig von der Komplexität des Falls und der Auslastung des Gerichts (§ 2358 BGB).

Kosten des Erbscheinsverfahrens

Die Kosten für das Erbscheinsverfahren richten sich nach dem Wert des Nachlasses und sind im Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) festgelegt (§§ 34, 40 GNotKG). Zusätzlich können Kosten für die eidesstattliche Versicherung und gegebenenfalls für die Beauftragung eines Rechtsanwalts anfallen.

Widerspruch und Anfechtung

Sollten Zweifel an der Richtigkeit des Erbscheins bestehen, können Betroffene innerhalb einer bestimmten Frist Beschwerde einlegen. Das Nachlassgericht überprüft die Beschwerde und kann den Erbschein gegebenenfalls ändern oder aufheben (§ 2362 BGB). Hilft das Nachlassgericht der Beschwerde nicht ab, hat es diese dem zuständigen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorzulegen.  Besonders häufig sind folgende Einwendungen:

  • Der Erblasser war aufgrund Demenzerkrankung oder starken Medikamenten nicht testierfähig,
  • Das Testament ist nicht echt („erhebliche Abweichungen beim Schriftbild des Testamentes und/oder der Unterschrift“) oder
  • die Auslegung einer unklaren testamentarischen Anordnung.
  • Erbenfeststellungsklage als Alternative

Alternativ zum Erbscheinsverfahren kann eine Erbenfeststellungsklage erhoben werden, und zwar auch dann, wenn bspw. ein Erbscheinsverfahren schon erfolgt ist.

Unterschiede zum Erbscheinsverfahren:

  • Verfahren erfolgt vor dem Landgericht.
  • Der Amtsermittlungsgrundsatz gilt nicht, d.h. es ist ausschließlich der Parteivortrag maßgeblich.
  • Es muss ein Gerichtskostenvorschuss geleistet werden.
  • Kostentragungsregeln nach der ZPO.

Fazit

Das Erbscheinsverfahren ist ein wesentlicher Bestandteil des deutschen Erbrechts. Es sorgt für Klarheit über die Erbfolge und ermöglicht den Erben den Zugang zum Nachlass. Unsere Kanzlei unterstützt Sie gerne bei der Antragstellung und steht Ihnen bei Fragen rund um das Erbscheinsverfahren zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns für eine ausführliche Beratung.