Vermächtnis

Als Vermächtnis versteht man einen schuldrechtlichen Anspruch der begünstigten Person – Vermächtnisnehmer – gegen den beschwerten Erben oder Vermächtnisnehmer aufgrund einer Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag). Der Vermächtnisnehmer wird daher nicht automatisch Inhaber einer Forderung oder Eigentümer einer Sache, sondern hat lediglich einen Anspruch, den er aktiv geltend machen muss. Häufig liest man in Laientestamenten, dass einzelnen Personen beschriebene Vermögensgegenstände zugewiesen werden, ohne dass der Erblasser einen Erben bestimmt. In diesem Fall ist im Rahmen der Auslegung zu ermitteln, ob eine Erbeinsetzung oder aber ein Vermächtnis vorliegt.

Es gibt eine Vielzahl von Vermächtnisarten, von denen nachfolgend ein paar besondere aufgeführt sind:

Bestimmungsvermächtnis §§ 2151, 2152 BGB

Bei einem sogenannten Bestimmungsvermächtnis überlässt es der Erblasser einem Erben, Vermächtnisnehmer oder sonstigen Dritten aus einem vorgegebenen Personenkreis einen Vermächtnisnehmer zu bestimmen.

Ersatzvermächtnis § 2190 BGB

Bei einem solchen Vermächtnis wird der Gegenstand des Vermächtnisses einem anderen „Ersatzvermächtnisnehmer“ zugewandt, falls der ursprüngliche Vermächtnisnehmer das Vermächtnis nicht erwirbt, weil er bspw. selbst vor dem Erblasser verstorben ist.

Hauptvermächtnis und Untervermächtnis §§ 2186, 2187 BGB

Es handelt sich um ein (Vor-)Vermächtnis, das seinerseits mit einem Untervermächtnis oder einer Auflage beschwert wurde, d. h. der Vermächtnisnehmer ist selbst Vermächtnisverpflichteter oder hat eine Auflage zu erfüllen.

Nachvermächtnis § 2191 BGB

Beim sogenannten Nachvermächtnis ist der zunächst bedachte Vermächtnisnehmer verpflichtet bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses oder Zeitpunkts mit der, den vermachten Gegenstand an den Nachvermächtnisnehmer herauszugeben. Es handelt sich hier um eine durchaus übliche Regelung bei Bedürftigen- und Behindertentestamenten.

Universalvermächtnis

Bei einem solchen Vermächtnis wendet der Erblasser einer Person nahezu den gesamten Nachlass zu ohne diesen damit als Erben einzusetzen.

Verschaffungsvermächtnis § 2170 BGB

Bei einem solchen Vermächtnis gehört der vermachte Gegenstand nicht zum Nachlass, sondern muss durch den Erben erst noch mit Mitteln des Nachlasses erworben werden.

Vorausvermächtnis § 2150 BGB

Bei einem sogenannten Vorausvermächtnis wendet der Erblasser dem bedachten Vermächtnisnehmer etwas zu, was dieser – anders als bei der Teilungsanordnung – sich nicht auf seinen Erbteil anrechnen lassen braucht. Er partizipiert daher über seine Erbquote hinausgehend am Nachlass. Maßgeblich ist auch hier der Erblasserwille. Dieser muss erkennen lassen, dass der Vermächtnisnehmer etwas über seinen Erbanteil hinaus erhalten soll.

Wahlvermächtnis § 2154 BGB

Wie es der Name schon sagt, kann der bedachte Vermächtnisnehmer hier aus mehreren zur Auswahl stehenden Gegenständen und/oder Forderungen auswählen.

Zweckvermächtnis § 2156 BGB

Bei einem solchen Vermächtnis wird entsprechend der Zweckbestimmung des Erblassers der Vermächtnisgegenstand vom Beschwerten oder einem Dritten bestimmt. Als Hauptanwendungsfall ist hier das sogenannte „Supervermächtnis“ zu erwähnen, welches insbesondere im Rahmen von sogenannten Berliner Testamenten, bei denen sich die Ehegatten im 1. Erbfall gegenseitig zu Alleinerben einsetzen und damit die leiblichen Abkömmlinge enterben, zum Zwecke der Vermeidung oder aber zumindest Reduzierung der Erbschaftsteuer zur Anwendung kommt.

Anfall und Fälligkeit

Anfall

Der Vermächtnisanspruch fällt gemäß § 2176 BGB mit dem Tod des Erblassers an.

Fälligkeit

Davon zu unterscheiden ist die Fälligkeit, d. h. wann der Anspruch durch den Belasteten, in der Regel wird dies der Erbe sein, zu erfüllen ist. Die Fälligkeit des Anspruches kann vom Erblasser frei bestimmt werden oder durch den Erblasser in das freie Belieben des beschwerten Erben gestellt werden.

Soweit sich aus dem Testament/Erbvertrag nichts Abweichendes ergibt, kann der Vermächtnisnehmer daher gemäß § 271 Abs. 1 BGB sofort die Erfüllung verlangen.

Annahme, Ausschlagung und Frist

Annahme

Die Annahme des Vermächtnisses muss gegenüber dem Beschwerten erfolgen und ist an keine bestimmte Form gebunden. Sie kann ausdrücklich aber auch durch schlüssiges (konkludentes) Verhalten erfolgen.

Bei Grundstücksvermächtnissen wird in der Regel und aus Rechtssicherheitsgründen ein sogenannter notarieller Vermächtniserfüllungsvertrag geschlossen.

Ausschlagung

Die Ausschlagung ist ebenfalls nicht formbedürftig und kann ausdrücklich oder durch schlüssiges (konkludentes) Verhalten erfolgen. Eine konkludente Ausschlagung eines Vermächtnisses kann allerdings nur mit Zurückhaltung angenommen werden und liegt nicht bereits in der Ausschlagung der Erbschaft.

Frist

Im Unterschied zur Ausschlagung der Erbschaft, ist sowohl für die Annahme als auch die Ausschlagung eines Vermächtnisses keine Frist vorgesehen. Möglich ist jedoch, dass der Erblasser das Vermächtnis unter einer aufschiebenden Bedingung anordnet, dass sich der Bedachte binnen einer bestimmten Frist zu erklären hat.

Verjährung

Der Vermächtnisanspruch verjährt gemäß § 195, 199 Abs. 1 BGB nach der allgemeinen Verjährungsfrist innerhalb von 3 Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Vermächtnisnehmer hiervon Kenntnis erlangt hat, oder aber ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

Dem Erblasser steht es auch hier frei die Verjährungsfrist zu verlängern.